Eisenerz, Steiermark.
Eisenerz, Steiermark.

Österreich – Böhmen – Deutschland

 

18.07.

Die Steiermark beglückt den Moppedfahrer mit den letzten Ausläufern der Alpen, weniger steil, aber schön kurvig, wären da nicht die Unmengen an Lastwagen. Hier gibt es eine Menge mittelständischer Industrie in den Bergtälern. Die Industrie hat in der Steiermark eine lange Tradition, so gibt es auch hier ein „Erzgebirge“, allerdings wurde hier nicht Silber und Uran gefördert, sondern Eisenerz. So heißt auch eine Stadt, die mit vielen steinerne Zeitzeugen, Verwaltungsbauten wie Hochöfen aus der aktiven Zeit der Eisenverhüttung vor 100 Jahren aufwartet.

 

Endstation für heute: Steyr. Der Campingplatz am Fluss ist sehr nett und familiär, die kettenrauchende Chefin und ihr Freund kümmern sich um Gast und Gelände, und es erinnert alles in allem sogar etwas an Blagaj, auch wenn es das Bier nicht für umsonst aus einer Tüte im Fluss gibt, sondern zu den handfesten österreichischen Gastro-Preisen aus dem Kühlschrank.

 

19.09.

Doch hurra! Kaffee und Semmeln zum Frühstück sind umsonst! Schön mit kroatischer Wurst und slowenischem Käse belegt ist der Morgen gleich doppelt so schön.

Steyr: Viel Rokoko und Klassizismus. Franz Schubert hat im RENO-Schuhmarkt sein Forellenquintett komponiert. Das Arbeitsmuseum zeigt eine Exposition über die Zukunft der Arbeit, aus vorgeschobenen Zeitgründen, eher aus Faulheit, nicht angeschaut. Leider.

Mauthausen zeigt sich als sehr schnuckliges Städtchen an der Donau. Das alte KZ ist drei Kilometer entfernt auf einem Berg. Eintritt frei, und die Ausstellung ist hochinteressant aufgezogen. Obwohl man denkt, schon alles darüber zu wissen, kann man manch neues über den NS im allgemeinen und über den Zynismus des Lagerlebens im besonderen lernen. Auch benennt Österreich hier seine Mitverantwortung an den Verbrechen der Nazis.

 

Die sanfte Hügellandschaft im nördlichen Österreich und bald darauf im südlichen Tschechien werden von der milden Abendsonne in warmes gelbes Licht getaucht. Der Akku der Kamera ist alle, es wäre ein schönes Bild gewesen. Die südböhmischen Seen sind ein beliebter Urlaubsort für Einheimische, Ösis und Piefkes, und so reihen sich auch hier Campingplätze aneinander – in Jenišov ein sehr idyllischer, am See gelegener, mit Lädchen und Kneipe. Der Abend klingt nach einem exzessiven Bad im Gewässer bei Knödel und Gulasch (endlich mal) und Schwarzbier aus.

 

20.07.

Der Tag steht im Zeichen forcierter Heimreise. An  Zlonice mit seiner beeindruckenden Barockkirche und Leitmeritz  vorbei geht es in die böhmische Schweiz zur Stammpension in Růžová, die wir im Frühling öfters aufsuchen. Großes Hallo und ab ins letzte freie Zimmer.

 

21.07.

Viele der Landstraßen um die Bastei herum sind zu, so auch in Stütza, wo ein Schild verkündet: Straße gesperrt, hier baut Sachsen bis November 2018. Ich ignoriere aus einem Bachgefühl heraus das Schild, und – keine Baustelle nirgends! An der nächsten Kreuzung steht in Gegenrichtung der Gegenpart: Straße gesperrt, hier baut Sachsen bis November 2018... Das ist schon ganz schön frech.

In den sorbischen Gebieten, HoyWoy und Umgebung, läuft immer noch der interne Mechanismus ab, slawisches Kauderwelsch anzubringen. Doch scheint es einem Lottogewinn gleich, träfe man auf Sorbischsprachige. Selbst sorbische Familiennamen sieht man irgendwie so gut wie nirgends, da gibt’s im Ruhrgebiet weit mehr Koslowskis und Dokupils in Österreich.

 

Die letzten 100km auf der Autobahn abgerissen. 16 Uhr, wir haben fertig. 4 Wochen, ziemlich genau 7000 Kilometer. Anders als der Trip ins Baltikum 2016, einer Herzensangelegenheit, oder nach Norwegen 2017, einer nordischen Kontemplation, war dies eine Reise ins für mich weitgehend Unbekannte, trotz geografischer und kultureller Nähe. Auch wenn es letztendlich diesmal kaum mehr als eine Stippvisite war und vieles außen vor blieb. Manches davon vielleicht zum Glück...    

 

Campin Jenišov
Campin Jenišov